Ich bin glückliche Mutter von drei gesunden, starken und lebensfrohen Töchtern.

Tendenziell war ich auf dem Standpunkt, dass die Periode des Gebärens jetzt abgeschlossen sei und ich in eine neue Phase meines Lebens als Frau eintreten würde.

Nun bin ich nochmal schwanger geworden und die ersten Monate verliefen gänzlich unerkannt.

Sämtliche Anzeichen von Übelkeit bis Ausbleiben der Periode schob ich dem Klimawechsel in die Schuhe.

Von Europa hatten wir zu Zentralamerika gewechselt.

Als ich schliesslich beim zweiten Ausbleiben der Periode einen Test gemacht hatte und mit Herzklopfen das positive Ergebnis in Empfang nahm, war es sehr berührend, die Freude in der gesamten Familie zu erleben. Auch ich fühlte mich wieder kraftvoller, da ich jetzt wusste, was die ganze Zeit über vor sich ging.

Die darauffolgenden Tage ging durch einen tiefen Prozess der Öffnung für das Neue und Ungeplante. In einer Nacht am Feuer verbrannte ich alle Widerstände und Ängste gegenüber dem Prozess der erneuten Schwangerschaft, bevorstehenden Geburt und kommenden Jahren der Fürsorge für dieses vierte Kind. Ich hatte mich innerlich bereits auf eine nun anbrechende neue Ära eingestellt, in welcher mir meine Kraft und meine Zeit nun mehr selbst zur Verfügung stünde.
Insbesondere in dieser Nacht allein am Strand im Kontakt mit dem von mir entzündeten Feuer hatte ich tiefe Einsichten über das Leben, die Vergänglichkeit und die Energie, die uns in diesem Dasein zur Verfügung gestellt wird, um zu erfahren, um zu erschaffen, um Hingabe und das Vertrauen in den eigenen Seelenweg zu lernen. Nur zwei Wochen später bemerkte ich an einer leichten Kontraktion meiner Gebärmutter, dass sich das Embryo zu lösen begann. Mein erstes Gefühl und gleichzeitig mein erster Gedanke war, es ist alles in der Ordnung, ich bin im Frieden mit allem, was jetzt geschehen mag. „Du bist willkommen, mögest du bleiben; und mögest du gehen, segne ich ebenfalls das, was ist und danke dir für die Zeit bei mir.“ Gleichzeitig habe ich mich ins Bett gelegt und gebetet. Die Blutungen hörten nicht auf. Damals waren wir in San Jose und haben uns schliesslich auf den Weg an die Südküste gamacht, wo ich bereits mit einer Hebamme in Kontakt war. Wie alle Geburten vollzog ich auch diese im Kreis der Familie. In einem sehr meditativen, friedlichen Zustand gab ich mich dem Prozess der Abstossung der Plazenta auf meinem Beifahrersitz hin. Schliesslich musste ich Pipi und bat André an einer vermeintlich einsamen Stelle zu halten. Auch in diesem Moment verlor ich sehr viel Blut und wie aus dem Nichts hielt ein Auto vor mir, eine Costa-Ricanische Grossfamilie stieg aus, versammelte sich um mich herum, und nötigte uns beinahe dazu, ins Krankenhaus zu fahren. Ich hatte zuvor gebetet und war bereit, mich allem hinzugeben, was geschehen möge. An der Aufnahme merkte ich erst, wie schwach mein Kreislauf war und auch wenn ich damit zu tun hatte, genug Sauerstoff zu bekommen, musste ich die Maske tragen. Gerade in dieser Situation wurde mir wieder bewusst, wie sehr mir die Sicht auf die Physiognomie der Menschen fehlt – vor allem wenn ich eine persönliche Begegnung mit ihnen habe, und in dieser Sondersituation mich gewissermassen sogar in ihre Hände begebe.
Gleichzeitig gab mir die Nüchtern- und Emotionslosigkeit des Pflegepersonals Ruhe. Ich bekam eine Infusion, eine Blutabnahme und einige Stunden später nochmal vom Labor das bestätigt, was sich gerade zutrug: eine bestehende Schwangerschaft findet ein Ende. André durfte ab und zu zu mir, die Kinder warteten im Auto und alle zusammen hatten immer noch die leise Hoffnung, dass das Kind noch gerettet werden könne. Wir verbrachten den Rest der Nacht in einem naheliegenden Hotel, hatten am nächsten Morgen noch einen Nachsorgeteirmin im Hospital und begaben uns dann weiter zu unserer Destination. Hier ist ein Bild von dem Weihnachtsbaum vor dem Hospital.
Ein paar Tage später fuhren wir an dem Schild mit der Aufschrift „Playa Ventanas“ vorbei. Ich verstand das Wort Fenster und wir bogen ab. Es war ein recht belebter Strand. Viele Einheimische lachten und sassen wie hineingemalt friedlich und verbunden in der frühen Abendsonne, welche die umliegenden Palmen in ein ganz besonders grünrötliches Licht zu tauchen begann. Der Name des Strandes kam wohl von einem Durchbruch in einem Felsen, den wir fanden, nachdem wir uns im Meer gereinigt und erfrischt hatten. Ein paar Schritte vom Ufer entfernt entdeckten wir eine Art Tunnel , durch welchen sich das Wasser seinen Weg gebahnt hat. Wir gingen hinein, die untergehende Sonne direkt vor uns und sangen den Namen der Seele, die so kurz bei uns war. Sie war noch so fühlbar zwischen den Welten.
Am nächsten Tag gruben wir im angrenzendem Dschungel am gleichen Strand ein Loch in die Erde, gaben einen Teil der Plazenta hinein und pflanzten einen Palmsprössling an dieser Stelle darauf. Ich war tief berührt von der Liebe und der Schönheit, mit der sich mir das Leben in diesem Prozess des Loslassen und der Begegnung mit dem Tod zeigte.

Die Blutungen hielten noch etwa sechs Wochen lang an und ich habe viel Kraft verloren.

Gleichzeitig war es ein sehr wertvoller Reifungsprozess gewahr, den ich durchlief.

In jener Zeit entstand diese Photographie.

Pura vida.

Es ist das sich Bewahren des Friedens und der Verbundenheit mit der Natur durch alle Zeiten hindurch. Die Rückbesinnung auf die Einfachheit des Seins, bei all den Emanationen von Kompliziertheiten, die da sein mögen.

Das Ein – Verständnis in die gewaltigen Kräfte von Schöpfung, Wandel, Tod und Vergänglichkeit.

Pura vida.